Teacher and secondary student discussing work

Interview mit Jo Sollich

Unser Architekt für das Gebäude in der Granitzstraße

Jo Sollich
Seit Monaten – um nicht zu sagen Jahren – bangen wir an der BBS um den neuen Standort der Secondary School. Viele emotionale Diskussionen, unzählige Anträge, Demonstrationen, offene Briefe, Versammlungen und Unterschriftensammlungen später haben wir nun endlich einen Ort gefunden – und bekommen – , an dem wir weiter mit unseren Kindern wachsen dürfen. Jo Sollich ist der Architekt des neuen Gebäudes in der Granitzstraße. Wir dürfen aufgeregt sein, denn das neue Gebäude ist ein wundervolles Haus mit Geschichte, wie uns Jo erzählt hat.

Jo, wir freuen uns, dass Du und Dein Büro die Gestaltung des neuen Zuhauses der Secondary School übernommen haben. Was kannst Du uns denn über das Haus erzählen?

Das Gebäude hat schon eine gewisse Bedeutung. Es ist zwar ein Profanbau, aber man muss bedenken, dass es zwischen 1928 und 1931 errichtet worden ist. Das war eine Zeit der extremen Weltwirtschaftskrise. Viele Eltern in Berlin wussten nicht mehr, wie sie ihre Kinder ernähren sollen und haben sie in Kinderheimen abgegeben. Dafür wurde dieses Gebäude neu gebaut. Und es ist von einem sehr bekannten, damals modernen Architekturbüro – Mebes & Emmerich – errichtet worden, das Architektur für Arbeiter entworfen hat und für eine Architektursprache steht, die Licht, Luft, Sonne in den Mittelpunkt gestellt hat. Wir finden, das ist ein guter Ansatz, dass wir dieses Gebäude nun für die BBS nutzen können.

Man sieht hier auf dieser alten Postkarte, dass das Gebäude eingebettet ist in eine Wohnsiedlung, die in derselben Zeit entstanden ist. Stehen die Häuser alle noch?

Postcard of Granitzstrasse
Ja, die stehen drum herum, die anderen Wohnhäuser, und stehen unter Denkmalschutz. Das Kinderheim ist zwar im Krieg zerstört worden und 1947 wieder aufgebaut worden. Auch als Kinderheim. Aber fast im Originalzustand. Es gab nur kleine Veränderungen, aber man kann das alles noch gut ablesen. Im Moment ist noch ein Kindergarten drin der in den 90ern eingezogen ist. Das Haus ist damals auch unter Denkmalschutzauflagen aufwendig saniert worden. Wir haben also sehr gute Materialien, die Originalkastenfenster, Blumenfenster, schöne Beschläge sind noch da, der Originalputz ist noch da. Die ursprüngliche Gartenanlage ist zwar leider überarbeitet worden, aber wir haben eine Gartenfläche von ca. 1.500 Quadratmetern dabei, die wir für die BBS nutzen können. Wir können uns sehr gut vorstellen, da mit dem Bezirksamt vielleicht ein Gartenprojekt zu machen – auch das Konzept Licht, Luft, Sonne aufzugreifen – und das für den Schulgarten zu nutzen.

Wie aufwendig ist denn der Umbau?

Wir werden vor allem einige Grundrissanpassungen machen und zum Beispiel einzelne Klassenräume schaffen. Und wir werden – ganz wichtig – den Keller umbauen als Nawi-Labor. Es gibt ja ein tolles Nawi-Labor in Weißensee und wir glauben, dass wir im Souterrain in der Granitzstraße ein ganz hochwertiges Nawi-Labor einbauen können. Wir haben jetzt gerade den Antrag beim Bezirksamt eingereicht und werden im April/Mai mit den ersten Um- und Ausbauarbeiten im Souterrain anfangen. Wenn die Kita auszieht haben wir leider nur den Juni und Juli für den restlichen Innen-Ausbau. Das ist zwar ein bisschen sportlich – aber wir werden das hinbekommen.

Das heißt zum neuen Schuljahr ist alles fertig?

Zum Schuljahresstart ist vielleicht das Nawi-Labor noch nicht ganz fertig, aber der Rest wird klappen. Die Toiletten sind natürlich Kindertoiletten, die müssen umgebaut werden, die derzeitige Küche wird umgebaut zum Kunstraum. Und ein tolles Projekt der BBS ist ja auch die Bibliothek, die ein Klassenzimmer sein wird, die in eine Schulklasse integriert wird, die dann jeweils die Aufgabe hat, die Bibliothek zu betreuen.

Was ist denn die besondere Herausforderung, wenn man ein Schulgebäude gestaltet?

In dem Fall muss man ja sagen, was die besondere Herausforderung bei der BBS ist ... das ist ja kein Standardschulgebäude. Wir achten sowieso auf ökologische Baustoffe, auf authentische Baustoffe, die man hören, riechen, fühlen kann. Wichtig ist auch die flexible Raumgröße. Ein Klassenzimmer ist ja immer schwer planbar, das hängt immer vom Pädagogen ab. Wir möblieren erstmal für den sogenannten Frontalunterricht, aber das ist alles flexibel gestaltbar und das ist für uns sehr spannend, dass man alle Möglichkeiten hat und eben auch in offenen Gruppen arbeiten kann. Das ist toll, so eine Hybridarchitektur im Klassenzimmer zu realisieren. Der Frontalunterricht ist für uns überhaupt nicht das Ziel, das ist nur Teil der Planung, damit wir wissen, wie viele Kinder wir gut unterbringen können, damit alle genug Licht und Luft haben. Neue Medien sind außerdem ein großes Thema und die Raum-Akustik natürlich: Man hat festgestellt, dass eine angenehme Akustik ein angenehmes Raumklima und deutlich besseres Lernklima schafft. Wir haben gute Voraussetzungen, es sind schon tolle Schallschutzdecken drin. Aber das wollen wir noch verbessern.

Was ist der spannendste Teil des Umbaus für Dich?

Der Einzug natürlich (lacht). Bautechnisch ist das nicht kritisch, die Fassade, die denkmalgeschützt ist, wird kaum angerührt. Man muss halt gut mit dem Denkmalschutz umgehen. Dadurch, dass das ein Kriegsschaden war, gibt es innen gar nicht mehr so viele Auflagen. Ganz toll sind die Terrassen. Es wird viele Klassenräume geben, die eine riesige Terrasse haben, da kann man im Sommer sogar draußen unterrichten oder die Pausenzeiten genießen. Auf den Terrassen und im Gartenbereich können wir uns auch gut Kunst- und Sachunterricht vorstellen.

Was unterscheidet das Haus in der Granitzstraße von anderen Schulgebäuden?

Ich finde ganz toll, dass es ein eher gemütlicher Bau ist. Total verwinkelt und eben keine klassische wilhelminische Schule mit langen Mittelfluren und Treppenhäusern. Das ist eher so eine Pavillon-Struktur, ganz offen orientiert zu den Terrassen und zum Hofbereich. Da kann man ganz spannende, private Räume entwickeln.

An was erinnerst Du Dich von dem Gebäude Deiner Schulzeit?

Ich war in Köln auf einer Konrad-Adenauer-Schule. Wo geht man sonst schon hin in Köln (lacht). Das war ein typischer Asbestbomber aus den 70ern. Plattenbau, köllner Architektur – und später als Asbestschaden sondersaniert.

Deine Lieblingsfächer?

Physik und Kunst.

Und Dein schlechtestes Fach?

Sport. Aber wir müssen ja hier bei der Secondary keine Sporthalle gestalten, da können wir also nix falsch machen :-)